Das Album Live In Willisau Switzerland 1983 des James Newton Quartet – veröffentlicht bei Rhythm ’n’ Flow Records im November 2025 – ist ein aufschlussreicher Dokumentations-Fund: Ein Livemitschnitt vom Willisau Jazz Festival in der Schweiz aus dem Frühjahr 1983. Mit dabei sind der Flötist und Bandleader James Newton selbst, die Pianistin Geri Allen – zu Beginn ihrer Karriere –, sowie der Bassist Anthony Cox und der legendäre Andrew Cyrille an den Drums... In dieser Konstellation bewegt sich das Quartett im Spannungsfeld von freier Improvisation und kompositorischer Klarheit. Newtons Flöte – kaum je trivial – gliedert sich hier in einen Kontext, in dem Allen, Cox und Cyrille nicht nur begleiten, sondern impulsgebend sind: Die rhythmischen Impulse von Cox und Cyrille bieten ein engmaschiges, zugleich losgelöstes Fundament, während Allen mit subtiler Verve zwischen Klangräumen und impulsiven Ausbrüchen pendelt... Die Klangästhetik ist roh und unmittelbar – ein Livemoment...
Mit „Touch“ legte das US-Quintett Tortoise am 24. Oktober 2025 über das Label International Anthem (in Kooperation mit Nonesuch Records) ihr erstes Studioalbum seit neun Jahren vor. Die Band – bestehend aus Dan Bitney, John Herndon, Douglas McCombs, John McEntire und Jeff Parker – gilt als eine der prägendsten Formationen des Post-Rock und Instrumental-Klangs der 1990er bis 2000er Jahre... „Touch“ zeigt Tortoise in einer Phase bewusster Neuorientierung: Der Produktionsprozess fand nicht – wie früher –, zentral in Chicago statt, sondern verteilte sich auf Los Angeles, Portland und Chicago. Diese räumliche Dezentralisierung spiegelt sich im Sound: Während typische Elemente – Krautrock-Motorik, Jazz-Ambient, elektronische Loops – weiterhin präsent sind, wirkt das Ergebnis dunkler, fragmentierter und weniger gemeinschaftlich ausgestaltet als etwa ihre Klassiker wie „Millions Now Living Will Never Die“ oder „TNT“... Die Produktion setzt auf klares Instrumentarium, verzicht...