Da ist er also dann doch nochmal. Mit Mulatu Plays Mulatu veröffentlicht Mulatu Astatke im Herbst 2025 sein erstes vollwertiges Studioalbum seit über einem Jahrzehnt – und markiert damit einen späten, aber gewichtigen Meilenstein seiner außergewöhnlichen Karriere. Der Musiker, Arrangeur und Bandleader gilt als Begründer des Ethio-Jazz, jener unverwechselbaren Klangästhetik, die traditionelle äthiopische Skalen und Instrumente mit westlichen Jazz-Idiomen verbindet und in den 1960er- und 70er-Jahren entscheidend das Gesicht der ostafrikanischen Musik prägte. Astatke, der sein musikalisches Fundament in London, New York und Addis Abeba gelegt hat, zieht mit diesem Album eine Art künstlerische Bilanz – allerdings keine nostalgische Rückschau, sondern eine bewusste Neuinterpretation seines eigenen Werks mit den Mitteln der Gegenwart...
Die Aufnahmen für Mulatu Plays Mulatu entstanden teils in London, teils in Addis Abeba. Produziert wurde das Album von Dexter Story, der seit Jahren eng mit Astatke verbunden ist und dessen sensible Produktionshandschrift hier prägend wirkt. An den Sessions beteiligt war Astatkes britisches Tour- und Studiokollektiv, ergänzt um Musikerinnen und Musiker aus dem Umfeld seines Jazz Village Club in Addis. Die Tontechnik übernahmen Isabel Gracefield in den RAK Studios (London) und Dexter Story in Addis. Als Gäste wirkten die in Los Angeles ansässigen Künstler Carlos Niño und Kibrom Birhane mit, die dem Material zusätzliche improvisatorische Tiefe verleihen. Das Artwork stammt vom äthiopischen Künstler Wendimagegn Belete, der in Oslo lebt, die Fotos im Booklet von Alexis Maryon. Erscheinen wird das Album auf Strut Records, einer Tochter des Berliner Labelverbunds !K7 Music, und zwar auf CD, als Digitalversion und als Vinyl im Gatefold-Sleeve (mit Poster und OBI-Strip in der limitierten Edition)...
Inhaltlich verfolgt das Album keine experimentelle Neuausrichtung, sondern eine gezielte Verdichtung dessen, was Astatkes Ethio-Jazz seit jeher ausmacht: die Verschmelzung polyrhythmischer Strukturen und melodischer Patterns aus der äthiopischen Tradition mit modalen Harmonien, swingenden Grooves und der Offenheit des Jazz. Charakteristisch ist die Verwendung lokaler Instrumente wie Krar, Masenqo, Washint, Kebero und Begena, die sich mit der klanglichen Architektur westlicher Jazzensembles verzahnen. Anstatt bisher unveröffentlichte Kompositionen vorzulegen, greift Astatke auf zentrale Stücke seines Repertoires zurück, die er hier in neuen, oft deutlich erweiterten Arrangements präsentiert. Der Fokus liegt auf differenzierter Textur, größerer harmonischer Tiefe und einer komplexeren rhythmischen Verzahnung – ein Ansatz, der weniger auf schnelle Wirkung als auf nachhaltige Tiefe setzt...
Mulatu Plays Mulatu ist damit kein nostalgisches „Best of“-Projekt (nicht dass das schlecht gewesen wäre), sondern ein präzise konzipiertes Studiowerk, das sein eigenes musikalisches Erbe in den Kontext der Gegenwart stellt. "Mulatu reworked by Mulato" sozusagen. Es wirkt wie eine Bestandsaufnahme und zugleich wie ein Aufbruch – ein Album, das die Geschichte des Ethio-Jazz nicht museal einfriert, sondern fortschreibt...
Tracklist
- Zelesenga Dewel
- Kulun
- Netsanet
- Yekermo Sew
- Azmari
- Chik Chikka
- The Way To Nice
- Motherland Intro
- Motherland
- Mulatu
- Yekatit