Auch 2025 war kein Jahr für schnelle Urteile. Viele dieser hier aufgelisteten Platten haben Zeit gebraucht, einige haben sofort gezündet, andere sich erst mit jeder weiteren Umdrehung auf dem Plattenteller bei mir festgesetzt. Es gab noch eine ganze Reihe weiterer Scheiben, die hierfür zur Debatte standen. Aber letztlich bin ich mit der Auswahl und auch der Rangfolge recht zufrieden...
Hier sind sie – 33rpmpvc's fünfzehn Alben des Jahres 2025:
15 – Nichts – Tiefschwarz
Düster, kantig, kompromisslos und immer noch relevant. Kein Wohlfühl-Post-Punk, sondern klare Ansagen und härter als je zuvor. Kein Album für jeden Tag – aber eines, das hängen bleibt, wenn man es zulässt...
14 – Kokoroko – Tuff Times Never Last
Kokoroko bleiben ihrer Linie treu, ohne sich zu wiederholen. Warm, organisch, weltoffen, mit deutlich mehr Soul und Funk als beim Debüt. Starkes Statement und ein Album mit Langstreckenqualitäten...
13 – Simon Oslender – On A Roll Live
Live-Alben sind riskant – dieses hier nicht. Energie, Spielfreude, Tightness. Oslender und seine großen Mitspieler zeigen, dass Jazz live oft mehr sagt als jede Studio-Perfektion...
12 – Mauricio Fleury – Revoada
Ein Album wie ein warmer Abend irgendwo zwischen Jazz, Brasil und Groove. Kein großes Drama, sondern feine Nuancen und viel Gefühl. Unaufdringlich stark...
11 – Konstantin Kölmel Project feat. Nils Landgren – Confidence
Der Titel ist Programm. Selbstbewusst, elegant, ohne Überheblichkeit. Landgren veredelt, Kölmel führt – modernes Jazz-Album mit klarer Haltung...
10 – The Earthsouls – Soul De Verano
Sommerplatte, ohne banal zu sein. Groove, Funk, Soul – alles sitzt. Kein Innovationspreis, aber verdammt gut gemacht und perfekt für den Plattenteller..
09 – Herr Wade – The Opposite Of C007
Skurril, verspielt, eigenständig. Herr Wade bleibt ein Sonderfall – und genau das macht den Reiz aus. Kein Album für nebenbei, sondern für neugierige Ohren...
08 – Ruby Rushton – Legacy
Soul-Jazz mit Haltung. Warm produziert, tief verwurzelt, aber nie rückwärtsgewandt. Ein Album, das nicht laut sein muss, um Gewicht zu haben...
07 – Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen – Egg Benedict
Charmant, clever, lakonisch. Die Liga macht das, was sie am besten kann: Alltagsbeobachtungen mit Melodie und Haltung. Unprätentiös und sehr langlebig...
06 – Interlaken Tapes – EP1 & EP2
Zwei EPs, ein Gesamtbild. Fragmentarisch, aber konsequent. Musik zwischen Skizze und Statement – gerade deshalb so spannend und das Überraschungsalbum des Jahres...
05 – Angels Of Libra – Road To Mandalay
Soul mit Tiefe, Atmosphäre und großartigem Songwriting. Kein Retro-Ballast, sondern ernsthafte Weiterentwicklung.
Die Band traut sich längere Spannungsbögen zu und lässt den Stücken Raum zum Atmen. Besonders stark ist das Zusammenspiel aus Rhythmussektion und Bläsern, das nie zur Dekoration verkommt. Großer Wurf...
04 – Principles Of Joy – Live At CXVIII
Dieses Album lebt von seiner Unmittelbarkeit einer Live-Aufnahme. Keine Glättung, keine Sicherheitsnetze, kein zwanghafter Versuch, einen „perfekten“ Livesound zu liefern und dennoch ist dieser gelungen. Denn dafür sind die Musiker der Band viel zu gut, was ich bereits in vielen Live-Situationen erleben durfte. Man hört eine Band, die im Moment entscheidet und das Risiko bewusst eingeht. Gerade im direkten Vergleich mit den Studioaufnahmen wird klar, wie sehr die Songs von Reibung und Dynamik profitieren. Tempi verschieben sich, Grooves werden härter, Vocals direkter. Live At CXVIII zeigt Principles Of Joy nicht als Retro-Soul-Act, sondern als moderne Band mit Authentizität und echter Bühnenautorität...
03 – Wu-Tang Clan – Black Samson
Niemand brauchte dieses Album – und genau deshalb ist es so stark. Black Samson klingt nicht nach Comeback, sondern nach Trotz. Düster, roh, reduziert auf das Wesentliche. Der Wu-Tang Clan versucht nicht, sich zu modernisieren oder Relevanz zu beweisen, sondern zieht sein eigenes Ding durch, unbeirrt und kompromisslos...
Die Beats sind schwer, oft sperrig, die Atmosphäre permanent angespannt. Inhaltlich kein Rückblick, sondern eine Fortsetzung unter geänderten Vorzeichen: weniger Mythos, mehr Gravitas. Black Samson ist ein Statement von einem Album - aber eines, welches höchsten Respekt einfordert – und ihn definitiv bekommt. Spätes Werk, ja. Altersmilde, kein bisschen...
02 – Saint Etienne – International
International ist ein Album der leisen Selbstverständlichkeit. Saint Etienne klingen so fantastisch entspannt, so souverän, dass man leicht übersieht, wie hochpräzise hier gearbeitet wird. Jeder Song sitzt, nichts drängt sich in den Vordergrund, denn das Werk spielt durchgehend eben dort. Popmusik, die nicht gefallen will, sondern einfach funktioniert...
Thematisch wie musikalisch wirkt das Album weltoffen, urban, reflektiert. Keine großen Gesten, keine unnötigen Experimente – dafür Eleganz, Melodie und Tiefe. International ist kein Album für den schnellen Eindruck, sondern eines, das sich langfristig im Alltag verankert. Reife Popmusik im besten Sinne und zum Abschluss noch einmal eines ihrer besten Werke überhaupt...
01 – Little Simz – Lotus
Little Simz’ 2025er Album "Lotus" ist reine Poesie in Rap-Form – die britische Ausnahmekünstlerin (@littlesimz) überzeugt wieder mit messerscharfen Lyrics, die zwischen Verletzlichkeit und ungefilterter Stärke pendeln. Trotz der Trennung von dem langjährigen Producer Inflo, entfaltet das Werk eine hypnotische Atmosphäre, wo jeder Track wie ein eigenes Kunstwerk wirkt...
"Lotus" steht für ein Album mit starkem Pop-Appeal ohne das Little Simz die Bodenhaftung zur Straße verlässt. Die Songs sind vollgepackt mit jazzigen Brüchen, funkigen Linien, rauen Beats und souligen Momenten, sowie Sekunden in denen sie schlicht stehen bleibt und spricht. Packend erzählt über Beats, die mal zerbrechlich, mal wuchtig pulsieren. Hier wird Rap wieder zur Selbstreflexion und Gesellschaftskritik, wie man es von Little Simz gewohnt ist – kein Wunder, dass sie längst als eine der wichtigsten Stimmen im UK Rap gilt...
Musikalisch ist Lotus kein plakatives Hip-Hop-Statement, sondern fast ein eigenes Genre. Simz’ Lyrics pendeln zwischen Aggression und Akzeptanz, zwischen Selbstzweifel und Reflexion. Jeder Track fühlt sich an wie ein offener Brief - wütend, verletzlich, kompromisslos ehrlich, und gerade deshalb faszinierend. Das macht das Album zu einem dichten, nicht immer auf Anhieb leichten Hörerlebnis, das aber genau deshalb hängen bleibt. Lotus ist kein nostalgischer Blick zurück, sondern mindestens ein Schritt nach vorn – eigenständig und ohne Kompromisse...