Monoklub © Ben Seidel
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[m] Wieder mal Hamburg. Meine ohnehin hohe Affinität zur Hansestadt an der Elbe erfährt zum wiederholten mal auch oder gerade auf der musikalischen Ebene eine Bestätigung. Und dann auch noch Musik mit subkulturellem Szenebezug, auch wenn das Trio vom Monoklub das nicht unbedingt in den Vordergrund gestellt haben will, wie ein Interview im Hamburger Punk-Fanzine "Mind The Gap" (Nr. 17) deutlich macht. Klar, wer will sich schon in eine enge Schublade stecken lassen, wenn man mal ganz unbescheiden-kreativ aus dem Kontext der letzen 5-6 Dekaden musikalischer Entwicklungsgeschichte schöpfen kann. Beim (mittlerweile immer und immer wiederholten) Hören des Albums schwirren einem Begriffe wie Freakbeat, Garage, Psych, Postpunk, Modrevival, Indie, Britpop, usw. wechselweise nur so vorm geistigen Auge umher. Subgenre also, die ja im Prinzip alle auf der DNA von R’n’B, Jazz, Soul und Punk aufbauen. Dazu das smarte Erscheinungsbild mit Fred Perry-Polo, Pringle-Pulli, Button-Down-Shirt - man kann es drehen und wenden wie man will - das sind nun einmal die Zutaten, die zu einem nicht unerheblichen Teil Attribute der Modkultur (und vieler Nachfolge-Szenen) waren und sind...
Diesen Bezug zu den Mods leugnet die Band ja im Grunde auch gar nicht. Sie ist sich dessen vollkommen bewusst und dies entspricht einfach ihrem Stil und diverser Interviews zufolge, einer gewissen anglophilen Neigung. Auch wenn sie sich nicht einer expliziten Modszene zugehörig fühlen, weil diese in Deutschland auch nur noch am Rande existiert, bildet dies nur eine, wenn auch sehr offensichtliche Facette ihres Band-Daseins. Warum aber auch nicht? Sicher ist das Mod-Phänomen heute nicht mehr auch nur annähernd so verbreitet, wie in den 60ern oder als Ende der 70er das Mod-Revival noch mal aufflackerte. Aber davon zu sprechen, das Mod tot wäre, ist so abwegig, versnobt und absurd, wie der Grundtenor vieler Ur-Punks, die leugnen, dass auch nach ´77 Punk noch immer existiert. Die ersten Mods, die Ende der 50er und in den 60ern eine der größten und einflussreichsten Jugendbewegungen bildeten, waren die Ursuppe, aus der weitere Subkulturen entstanden. Mods - Hard-Mods - Suedeheads - Skinheads - Casuals, um nur mal eine Traditionslinie aufzuzeigen. Und man findet eben auch heute noch genug Menschen, die sich als Punks sehen und welche, die eben Mods sind. Wer dazu mehr wissen möchte, dem empfehle ich die Lektüre der kenntnisreichen Bücher von Paolo Hewitt. Zum Beispiel das hervorragende "Soul Stylists". Soweit dieser kleine Exkurs meinerseits...
Soundtechnisch ist der in nahezu allen verfügbaren Artikeln aufgeführte Verweis von Monoklub auf die frühen Who, die Kinks oder die Small Faces ebenfalls nicht ganz von der Hand zu weisen. Zumindest in einem Großteil ihres letztjährigen und selbstbetiteltem Debütalbum "Monoklub" ist die weiter oben in diesem Beitrag aufgeführte Erbmasse perfekt eingepflegt. Erschienen ist es bereits am 29.05.2015 (!) auf dem kleinen, feinen brillJant alternatives-Label aus - natürlich - Hamburg. Querverweise zu weiteren Bands könnte man natürlich reihenweise nachreichen, was an den bereits aufgeführten Genre-Referenzen liegen mag. Das alles muss man aber auch erst einmal so gekonnt zusammenbringen, wie es der Band gelungen ist. Und damit ist es nicht getan, denn die Ausflüge werden m. E. im Verlauf des Albums weiträumiger. Die Basslinie des Songs "Tristesse" zum Beispiel, scheint klar eine Reminiszens an "Kick Over The Statues" der Redskins zu sein. Und "Die Zeit Bleibt Stehen" klingt wie Postpunk ala Magazine und Co. Ohnehin ist momentan zu beobachten, das teilweise wieder Bands aufkommen die einen mehr oder weniger klaren Bezug zur deutschen Modszene haben oder hatten. Zu nennen wären da bspw. Family 5 mit Peter Hein, sowie Xaõ Seffcheque und den fabelhaften Superpunk-Nachfolgern von Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen...
Da merkwürdigerweise das Album im letzten Jahr an mir vorbeigegangen ist, habe ich "Monoklub" für mich persönlich kurzerhand zum Album des Jahres 2016 gekürt. Für mich eins der spannendsten Alben der letzten Jahre, weshalb sich die Vinylscheibe nun seit ein paar Tagen ununterbrochen auf meinem Plattenteller dreht und die Nadel tiefer in die Rillen dringt. Ich neige ja immer etwas zu einer gesteigerten Art von Euphorie, wenn mir eine neue Formation so gut gefällt, aber das ist hier beim Monoklub auch vollauf gerechtfertigt. Fehlt eigentlich nur noch ein Gig in der Nähe, denn diese Jungs muss ich mir unbedingt mal aus der Nähe anhören und ansehen. Und auch wenn die Vorlieben von Modernists (ich bin ja keiner, nur Bruder im Geiste) heutzutage eher im Retro-Bereich zu finden sind - also dem Gegenteil des Anspruchs, aus dem sie entstanden sind - ist dies vorteilhaft zu sehen, denn was gut ist und gut war kommt wieder... und wieder... und wieder...