Nachdem ich selbst berufsbedingt momentan hier eher durch Abwesenheit glänze und mein Kollege Dirk sich ja letzte Woche bereits um den Artikel zur neuen Slime-Platte verdient gemacht hat, gibt's jetzt Nachschlag in Form der neuen Kettcar-Pladde! Bitteschön...
[dh] Was soll man sagen: Kurz hintereinander zwei neue Alben meiner Hamburger Lieblingsbands. Und jetzt Kettcar: Ich denke jeder macht sich so seine eigene Liste von seinen Lieblingsalben für ein Jahr. Für 2017 haben Kettcar bei mir gerade die Tabellenführung übernommen. Nachdem 2012 das persönliche und eher indiepoppige „Zwischen den Runden„ herauskam und Marcus Wiebusch 2014 sein sehr starkes Solodebut mit „Konfetti“ gab, war es ja etwas ruhig um die Band geworden. Umso stärker die Erwartungen an den neuen Longplayer. Und soviel vorweg - diese wurden absolut nicht enttäuscht...
Ich sehe dieses Album zwischen dem Debut von 2002 "Du Und Wieviel Von Deinen Freunden“ und dem wütenden, düsteren 2008er Album „Sylt“ (meinem Lieblingsalbum). Es beginnt mit dem Song „Ankunftshalle“. Für mich eine Hymne die für kurze Zeit den Zusammenhalt aber auch das trennende in unserer Gesellschaft erklärt. In „Wagenburg „ geht es um das Wir in der Meute, das eigentlich sein eigenes Ich meint und sich in seiner eigenen „Wagenburg“ verbarrikadiert. „Sommer `89“ erzählt die fiktive Geschichte eines jungen Mannes aus Hamburg, der sich im Sommer `89 auf zur Ungarischen Grenze macht und Löcher in den Zaum schneidet, um DDR-Bürgern zur Flucht zu verhelfen, zu Hause aber mit seinen WG-Freunden aneinander gerät, die ein wieder erstarkendes Deutschland für gefährlich erachten und dabei gänzlich jede Humanität vergessen. Die Geschichte bezieht sich auf das Österreichische Paar Berthilde und Martin Kanitsch, welches tatsächlich mit einer ähnlichen Aktion bis zu 400 Bürgern aus der DDR zur Flucht verholfen haben soll. Ähnlichkeiten zur aktuellen Flüchtlingskrise sind wohl zu ziehen, obwohl in keiner Silbe erwähnt. Charakteristisch dabei auch der mittlerweile für einige Wiebusch Songs typische Sprechgesang...
Auf der zweiten Seite geht es weiter mit dem Powerpop-Song „Auf Den Billigen Plätzen“. In „Mannschaftsaufstellung“ geht es um die hier an deutschen Stammtischen vielfach geäußerte (nebenbei bemerkt völlig absurde, dumme und rassistische [m]) Meinung, dass diese deutsche Nationalmannschaft mit ihrem mittlerweile multikulturellem Background vielen nicht mehr das Gefühl gibt, das es noch eine echte deutsche Mannschaft wäre. Der Fall Boateng/Gauweiler lässt grüßen. Am Ende noch der Abschluß mit „Den Revolver entsichern“ - eine Erklärung der Welt, wie sie auch sein könnte und wie man sie verbessern kann. Gut, das wir drüber gesprochen haben...