Tenor Madness: Lennart Allkemper mit "Awakening" [VÖ: 25.10.24 | Jazzline] und Samy Thiébault mit "In Waves" [11.10.24 | Gaya Music Productions]
Anders als beim legendären Zusammentreffen von Sonny Rollins und John Coltrane am 24.05.1956 in New York, welches sich bei den Aufnahmesessions zum Album-Titeltrack "Tenor Madness" in ein Duell der Giganten steigerte, handelt es sich hier um zwei beinahe zeitgleiche Veröffentlichung zweier Tenor-Saxophonisten aus dem europäischen Raum...
Der eine ist Lennart Allkemper aus Gladbeck im Ruhrpott, Jahrgang '92, der hier sein Debütalbum vorlegt. Der andere Samy Thiébault aus Frankreich, 1978 an der Elfenbeinküste geboren, der bereits sein achtes Album veröffentlicht. Und so unterschiedlich beide Alben vom Ansatz her erscheinen - beide bieten erstklassigen Jazz und hochklassiges Saxophon-Spiel...
Allkemper begann im Kindesalter an der Blockflöte, wie so viele vor ihm. Aber bereits mit 12 Jahren bekam er seinen ersten von vielen weiteren Preisen als Altsaxophonist beim "Jugend jazzt NRW". Mit 16 begann er mit dem Studium "am Folkwang" in Essen und spielte im Jugenjazzorchester des Landes. Mit seiner ebenfalls aus den Ruhrgebietsrandbereichen stammenden Rhythmusgruppe, dem Bassisten Stefan Rey und dem Drummer Niklas Walter. Mit dem us-amerikanischen Pianisten Billy Test von der WDR-Bigband ist das Quartet komplett...
Nach seinem Musikstudium an der Sorbonne spielte Thiébault bereits 2004 sein erstes Album ein. Es folgten reihenweise weitere Alben, teilweise mit nahmhaften Kollegen wie beispielsweise Avishai Cohen. Auf dem neuen Werk "In Waves" mischt er mit seiner achtköpfigen Besetzung Klänge und Inspirationen karibischer Prägung in eine Art spirituellen Jazz, in denen er Assoziationen an den Ozean, den er als passionierter Surfer so liebt. Dennoch klingt alles auch nicht zu weit weg vom Mainstream-Jazz und ist damit auch für Verfechter der eher reinen Jazz-Lehre hervorragend hörbar...
Auf "Awakening" schaffte es das Quartett von Lennart Allkemper vielseitig und virtuos modernen Jazz - im Grunde der Grundstruktur und dem Drive des Hardbop nicht unähnlich - zu spielen, ohne dass man sich in die 50er zurückversetzt fühlt. Als jemand, der im Ruhrgebiet geboren und zu Hause ist, ist es natürlich schön zu hören, wie beim Abschluss des Albums über das Steigerlied - so etwas wie die inoffizielle Hymne des Reviers - improvisiert wird...
Beide Künstler waren mir vorab unbekannt. Das wird sich, besser gesagt hat sich geändert, da mich beide absolut begeistern und beide Werke - jedes auf seine Art - uneingeschränkt empfehlenswert sind...
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