„Parabéns“- so lautet der Titel des Songs, mit dem Marcos Valle zum ersten Mal in mein Bewusstsein trat; vor gut 20 Jahren auf einer Giles Peterson Brazil-Compilation. Über die vergangenen Jahrzehnte - ausgelöst vermutlich durch Astrud Gilberto - habe ich eine tief empfundene Liebe zur brasilianischen Musik entwickelt; von den Anfängen der Bossa Nova über Bossa Jazz bis hin zur psychedelisch angehauchten MPB Mitte der Siebziger...
Also: Parabéns indeed; das bedeutet nämlich im Portugiesischen „Glückwunsch“. Und beglückwünschen kann man all diejenigen, die am 04. August 2024 Zeuge dieses fantastischen Gigs im Club Bahnhof Ehrenfeld zu Köln am Rhein sein durften. Glückwunsch aber auch an den Protagonisten zu seiner körperlichen Konstitution und Fitness. Dass Valle im letzten Jahr 80 geworden ist, kann sich eigentlich nur auf irgend ein dunkles Geheimnis á la Dorian Gray zurückführen lassen. Oder permanentes Surfen an der Copa Cabana. Keine Ahnung...
Frisch aus dem Urlaub, braun gebrannt und somit genau im richtigen Mindset für diese Art Musik, begaben wir uns also zum CBE, wo wir erleichtert feststellten, dass wir im Gegensatz zum letzten Mal bei Berlioz nicht mehr als doppelt so alt wie der Rest des Publikums waren. Marcos Valle und seine Band, (ein zweiter Keyboarder, Bassist, Schlagzeuger sowie seine Frau Patricia Alvi an den Vocals) legten dann auch bald los. Und das in einer unbeschwerten Art, die die brasilianische Musik so unglaublich leicht und mühelos wirken lässt. Allein dem Bassisten zuzusehen ließ mich wundern, warum das Spielen bei mir selbst im Schweiße meines Angesichts immer mit Blasen und Schwielen an den Fingern endet. Valle selbst war voller Spielfreude und bearbeitete sein Fender Rhodes, welches eindeutig weit mehr in die Jahre gekommener wirkte, als er selbst. Und mit einer Energie und Agilität, die sein biologisches Alter Lügen strafte...
Begleitet von seiner Frau Patricia sang er sich durch einen großartigen Querschnitt seines Schaffens. Angefangen bei frühen Werken wie „So Nice (Summer Samba)“ und „Crickets sing for Anamaria“, über Klassiker von meinem Lieblingsalbum „Previsão Do Tempo“(1973) bis hin zu neuem Material von seinem im September erscheinenden Album „Túnel Acústico“. Gut eindreiviertel Stunde lang, nahm Marcos Valle das absolut enthusiastisches Publikum mit. Eine Leistung, die manch halb so alter Künstler nicht unbedingt so locker hinbekommt...
Für mich reiht sich dieser Abend bei den ganz Großen ein, die das Glück zu sehen ich hatte; Sonny Rollins, Terry Callier, McCoy Tyner, Brian Auger, Solomon Burke…
Momentan zerbreche ich mir den Kopf, ob ich Anfang September einen Kurztrip zu Joyce Morenos Auftritt in Berlin organisiere. Wer weiß, wie oft wir diese Giganten der Bossa Nova und MPB noch in Europa begrüßen werden dürfen...
"Parabéns" jedenfalls - Marcos Valles neues Album - steht ab sofort ganz oben auf der Wunschliste!