[m] Das seit langem nicht mehr im Geringsten überraschende an Bowie ist - dass er immer wieder aufs Neue überrascht. Das ist wohl der momentan allgemeine Tenor in sämtlichen Medien. Landauf, landab wird sein neues Kreativwerk in Überschwangmodus gelobt. Und bevor jetzt jemand auf die Idee kommt, ich würde jetzt hier zur vernichtenden Kritik ansetzen: Ich kann mich den Lobgesängen nur anschliessen...
Natürlich ist die Scheibe mal wieder ganz anders geworden, als man es nach "The Next Day" hätte annehmen dürfen. Und eins ist die Platte mit Sicherheit nicht: Eine nach Hits hächelnde Pop-Platte. Ein monokausaler Ursprung dieses Werks ist nicht unbedingt erkennbar. Ein einzelnes Genre nicht zuordenbar. Aber warum auch? Bowie, der am Tag der Veröffentlichung seinen 69. Geburtstag feierte, steht nach all seinem Schaffen nicht mehr wirklich in der Pflicht Musik für die Charts zu veröffentlichen. Dennoch dürfte die Scheibe, die im Übrigen in einer edlen Vinylverpackung auf den Markt kam, zumindest in den Albumcharts auf nennenswerte Ergebnisse hoffen...
Mit seinen nur sieben Titeln geht die Grundtendenz von "Blackstar" einen deutlich Weg in Richtung Jazz. Und wenn dies dies dann so gekonnt experimentell mit Elementen aus Trip-Hop, Hip-Hop, Electronica, Rock und Pop interagiert - wofür auch seine beiden neuen Mitstreiter Mark Guiliana (Drums) und Donny McCaslin (Saxofon) eine herausragende Verantwortung tragen - entsteht halt eine solch außerordentliche Produktion. Mark Guiliana gilt im Jazz ohnehin als Ausnahmedrummer und trägt mit seiner vertrackten und antreibenden Rhythmik jeden Song unüberhörbar an. McCaslin liefert dagegen einen Hauptteil des Jazzfeelings von Blackstar und sorgt für die hochklassigen Klangfarben. Sicher, Blackstar fordert dem Hörer einiges ab und wer hier ähnliches wie "Let´s Dance" und "China Girl" erwartet, könnte vermutlich bitter enttäuscht sein. Aber alle, die gute Musik abseits eingetretener Pfade zu schätzen wissen, dürften von dem Album begeistert sein...
Produzent war einmal mehr der ewige Wegbegleiter Bowies Tony Visconti, der scheinbar jede Wendung in Bowies Karriere mühelos in Szene setzen kann. Und wenn dann ein solch fulminantes Meisterwerk, noch so edel und eindruckvoll ummantelt in die Läden gestellt wird, sollte jeder Vinylfan zugreifen. Würde ich hier Punkte verteilen, wären es von 10 ganz sicher 12 Punkte...