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Labelvorstellung: Perfect Soul since 2009 - Q-Sounds Recording - Soul De Seine-Saint-Denis



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ür viele Menschen, die sich mit Soulmusik befassen, wird aus dem reinen Hörvergnügen oft schnell eine Leidenschaft. Um diese Leidenschaft dann noch zum Lebensmittelpunkt zu machen, also im wahrsten Sinne damit und davon leben zu können und zu wollen, muss man vermutlich schon einen gewissen Enthusiasmus an den Tag legen, der über das normale Maß hinaus geht. So muss es den beiden Musikfans, DJs und Musikern Ludovic Bors (aka Norman Smuggler) und Chris Thomas vor gut 12 Jahren gegangen sein, als sie sich zum Ziel setzten, selbst Musik und Schallplatten zu produzieren und zu veröffentlichen. Und zwar mit einem Sound, der genau dem entsprach, was sie selbst gerne hören würden. Dieser Moment war im Prinzip der Urknall eines neuen Soul-Labels in Frankreich - dem einzigen reinen und authentischen Soul-Label in Frankreich: Q-Sound Recording! 

 Die Herangehensweise an die Produktion wurde ähnlich aufgezogen, wie bei einigen Label-Größen aus den USA, z. Bsp. Motown oder Stax die sich in den 60ern bildeten oder auch Firmen neueren Datums wie beispielsweise Daptone. Gearbeitet wird mit einer Hausband aus einem Pool fester Musiker und verschiedenen Sängerinnen und Sängern. Die Aufnahmen werden vorwiegend live und auf Band eingespielt. Das alles sorgt für den namensgebenden Sound, dem Q-Sound! Und wenn man sich die Liste der Veröffentlichungen ansieht, erkennt man schnell, welcher Arbeitseifer bei Q-Sound Recording an den Tag gelegt wird. Über 40 Veröffentlichungen sind in all den Jahren entstanden. Dabei fängt das Label gerade erst an, so richtig durchzustarten. Aktuell besteht das Label aus den vier Livebands Principles Of Joy (seit 2017), The Vogs (seit 2016), Laura Llorens & The Shadows Of Love (seit 2019) und die Instrumental-Allstar-Band The Supertights (seit 2019). Zur Zeit stehen gerade einige neue Veröffentlichungen an. Aber natürlich lohnt es sich auch im Back-Katalog ausgiebig umzuschauen. Bisher habe ich bei meiner Recherche nicht eine Platte gefunden, die mir nicht gefiel. Das ist schon eine verdammt gute Quote. Und aus eigener Erfahrung kann ich hier beispielsweise das selbstbetitelte Album von The Adelians sehr empfehlen. Oder auch die 7"-Single "Je Broie Du Noir" von Lisa Melissa & The Mess, eine tollen Coverversion von Amy Winehouses "Back To Black"... 

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ie aktuellste anstehende Veröffentlichung, das neue Album von Principles Of Joy - "9-3" steht gerade in den Startlöchern und ist in allen Formaten, inkl. Vinyl, bereits über Bandcamp im Pre-Order bestellbar. Die 2017 gegründete Band um Sängerin Rachel Yarabou und Multifunktionstalent Ludovic Bors hat auch soeben ihre erste Single "It´s Been A Mess" aus dem neuen Album veröffentlicht. Den vom Songwriter-Duo des Labels, Ludovic Bors und Christelle Amoussou, geschriebenen Song könnt ihr >>>hier<<< auf Youtube sehen und vor allem wichtig -  hören! Eine bluesgetränkte und emotionsgeladene Downtempo-Soulballade vom Feinsten. Hier vereinen sich Modern Soul und 60´s-Soul und bringen das Beste beider Ären zum Vorschein. Und so zieht es sich durch das gesamte Album. Die intensiven und druckvollen Vocals ergänzen sich perfekt mit dem rhythmisch starken, aber auch stets melodiösen Sound der Band. Der Spannungsbogen reicht von Down- und Midtempo-Nummern bis zu explosiven Uptempo-Dancetracks wie etwa "God Only Knows" und "Ready To Go". Die hier auch vertretene kraftvolle Coverversion von Adeles Klassiker "He Won't Go" steht dem Original in nichts nach. Aufgenommen und gemischt wurde das Werk vom Toningenieur Tom VDH im La Forge Studio. Sicher eine der bisher am ausgefeiltesten produzierten Alben des Labels. Resümierend ist die Scheibe ein Anwärter für eins der Alben des Jahres, von einem der spannendsten Soul-Acts momentan überhaupt! Die Veröffentlichung ist für den 15. Oktober diesen Jahres angekündigt...


 Erst kürzlich und zwar im Juni diesen Jahres haben The Vogs ihr neues, zweites Album "Cette Lettre Là" präsentiert. Die ebenfalls 2017 gegründete Band ist bereits nach dem Achtungserfolg ihres Erstlings "A Change Is Coming" ausgiebig durch Frankreich und Deutschland getourt. Die Songs werden mittlerweile überwiegend in Französisch gesungen, was dem Sound noch einen besonderen Flair gibt. Die starke und eindrucksvolle Sängerin auf dem neuen Album heißt Nadia Hassani und ist ehemalige Backgroundsängerin ihrer Vorgängerin als Frontfrau Elodie Sunn. Des Weiteren besteht die Gruppe aus Mitgliedern der Adelians aber auch neuen Label-Newcomern. Musikalisch tief im 60s-Soul verwurzelt, klingen die auch hier vom Duo Amoussou & Bors geschriebenen Stücke dennoch modern und zeitlos und reihen sich nahtlos in den Q-Sound ein. Nach vielen internen Wechseln scheinen sich The Vogs zu stabilisieren und könnten sich zu einem weiteren Flaggschiff des Labels entwickeln. Das Potential ist mehr als vorhanden...


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ber auch wenn die Grundlage der labeleigene Q-Sound bildet, unterscheiden sich die diversen Gruppen doch merklich. Den Beweis dafür treten Laura Llorens & The Shadows Of Love an. Die aus den USA stammende Sängerin Laura Llorens lebt heute in Paris und hatte bereits Platten veröffentlicht. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen und neuen Impulsen für ihre musikalische Karriere, traf sie im Jahr 2018 auf Ludovic Bors von Q-Sounds Recording. Schnell kam man überein es unter der künstlerischen Leitung von Bors zu versuchen. Laura wollte ihren eigentlich eher im Country angesiedelten Songs eine große Portion Soul verpassen. Bors übernahm die Auswahl der Songs, die Arrangements und sorgte für die Zusammensetzung der Band, die sich fortan The Shadows Of Love nannte. Das Resultat ist hochgradiger Heavy-Soul, der sich durch seine Country- und Folk-Einflüsse markant vom eigentlichen Labelsound abhebt, ohne diesen zu verraten. Die Gruppe besteht neben der bestechend guten Laura Llorens als Frontfrau und Ludo Bors an den Keyboards aus Harysson Jean-Baptiste an der Gitarre (P.O.J/SuperTights), Loïc "Butcher" Betems am Bass (P.O.J/SuperTights/Lisa Melissa &The Mess) und dem Neuling im Labeluniversum Niko Chompré am Schlagzeug. Manifestiert hat sich das mittlerweile auf dem  Album "Home/Chez Moi". Die Songs, die zum Teil in französisch und zum Teil in englisch gesungen werden, wurden live im Studio La Forge von Toningenieur Tom VDH eingespielt und aufgenommen. Erhältlich ist das Album ebenfalls über Bandcamp und natürlich auch auf Vinyl...

 Und auch die nächste Band die ich etwas genauer vorstellen möchte, geht Wege die ein wenig vom
eigentlichen Labelsound abweicht, wenn auch ohne den Hauptpfad zu verlassen. The Supertights ist eine All-Star-Instrumental-Band, die sich aus diversen Musikern des Labels zusammensetzt und die sich in ihrer Mélange aus Spiritual Jazz, Funk, Afrobeat, Breakbeat und ab und an sogar etwas Hip-Hop sehr wohl zu fühlen scheint. Mir persönlich gefallen die Supertights außerordentlich gut, weil hier einfach auch die Mischung passt. I meiner Sammlung würde ich die durchaus bei den Jazzplatten einsortieren. Musikalisch hochwertig und dennoch an keiner Stelle langweilig. Der Musik kann man mehr oder weniger in einem permanenten Strom zuhören und irgendein Körperteil bewegt sich zwanghaft immer dazu. Für die kanadische Soul-Künstlerin Tanika Charles waren die Supertights als Backing-Band auf ihrer letzten Frankreich-Tournee (Sommer und Herbst 2019) dabei. Ihr phantastisches erstes, selbstbetiteltes Album aus dem Jahr 2020 ist übrigens in einer limitierten und kunstvollen Aufmachung auch als Vinyl-LP erschienen, die auf Bandcamp noch zu haben ist. Unterdessen sind die Aufnahmen zur zweiten Platte, die 2022 erscheinen soll, bereits abgeschlossen. Das lässt noch einiges an guten Songs und Sounds, nein... Q-Sounds erwarten...

 Eine weitere Band, die ich noch hervorheben möchte sind Lisa Mélissa & The Mess. Leider nicht mehr aktiv, aber dennoch ein wichtiger Part in der Labelhistorie. Und zudem ein verdammt Guter dazu. Ein Album und einige Singles wurden veröffentlicht. Das Album wurde im Dezember 2018 veröffentlicht und die Platte hat es in sich. Zum einen besticht hier die temperamentvolle Stimme von Lisa Mélissa die sich wunderbar in die Songs einfügt. Die zwölf Stücke sind purer Soul, der irgendwo zwischen poptauglichen 60s-Soul und zeitgenössischen Neo-Soul seinen Weg findet. Auch Einflüsse aus dem Hip-Hop sind zu erkennen, die aber wie beim Intro "Message One" relativ dezent eingesprenkelt sind, so das es keineswegs Überhand nimmt. Bereits mit "Time" nimmt die Scheibe Fahrt auf. Wunderbare Melodien, teilweise mit rockiger Untermalung, wie beispielsweise beim Song "Maybe" oder auch bei "The Statement", aber auch immer wieder mit klassischen Soulnummern, die größtenteils von Lisa selbst geschrieben wurden, zum Teil aber auch aus der Feder ihrer Mutter Christelle Amoussou stammen. "Backstabbers" oder auch "Unhappy" sind überraschenderweise astreine Psychedelic-Soul-Tracks. Alles in allem als eine sehr abwechslungsreiche Combo, die ich durchaus gerne in der Weiterentwicklung gehört hätte. 

 Q-Sounds Recording steht aber auch noch für eine Reihe weiterer Künstler und Bands, die sich wirklich alle lohnen gehört zu werden. Wie oben schon erwähnt, habe ich mir so ziemlich alles angehört, dessen ich habhaft werden konnte und durfte keinen wirklichen Aussetzer feststellen. Hier lohnt es sich als Soul-Connaisseur oder auch einfach nur als Fan guter Musik dran zu bleiben und auch gerne mal auf der Bandcamp-Seite zu stöbern. Wer hier nicht fündig wird, dem ist kaum noch zu helfen. Und ich bin gespannt, was da noch alles kommt. Schon aus Eigeninteresse kann ich dem Label und seinen Machern nur alles Gute wünschen und freue mich auf kommende Veröffentlichungen, von denen sicher die ein oder andere in meinem Plattenregal und auf dem Dreher landen werden...