Mit den im Jahr 2025 erschienenen Veröffentlichungen „...uneingestöpselt“ (EP, Juni) und „The Opposite of C007“ (Album, November) legen Herr Wade gleich zwei Seiten ihres künstlerischen Profils offen – und machen zugleich deutlich, worin ihr Fortkommen besteht. "…uneingestöpselt" wirkt als eine Art Momentaufnahme, zurückgenommen, akustisch eher reduziert, sehr nah an der Idee des Unplugged: Man hört eine Band, die sich nicht lautet Produktion oder show-mässiger Gestaltung verpflichtet fühlt, sondern sich auf das Wesentliche konzentriert – Songidee, Stimme, Melodie. Die Leichtigkeit spricht für sich, und gerade das macht den Reiz aus: Diese EP gibt sich bewusst intim, mit folkloristischen Akzenten (Banjo, Mundharmonika) und momenthaften Momenten, die mehr in den Zwischenräumen liegen als in großer Dramaturgie...
Demgegenüber zeigt "The Opposite of C007" eine Band, die den nächsten Schritt wagt: hier ist mehr Bandbreite spürbar, mehr Arrangement, mehr Popbewusstsein — ohne sich jedoch in glattgebügelten Mainstream zu verlieren. Der Titel – mit dem Verweis auf „C007“ als Spiel mit „Cool” – suggeriert auch eine Selbstreflexion über Stil, Erwartung und Haltung: Herr Wade fragen sich, was “cool” heißt, und ziehen lieber ihr eigenes Ding durch. Diese Veröffentlichung wirkt wie die konsolidierte Vision einer Band, die sich zuvor freigeschwommen hat, aber noch nicht alle Konsequenzen ausgekostet hat...
Was beide Releases gemeinsam haben, ist diese fast beunruhigende Ehrlichkeit und die klare Handschrift: Sebastian und Jørn arbeiten nicht so, als würden sie über Hits nachdenken, sondern sie denken in Songs, in Momenten, in kleinen Bewegungen. Beide Veröffentlichungen transportieren ein Gefühl von Alltag und Einfallsreichtum: Es sind keine großen digitalen Produktionen, sondern handgemachte Musik mit Seele. Zudem zeigen beide, dass Herr Wade ein Gespür für Melodie haben, das weder in der Nostalgie gefangen wird noch im überproduzierten Retro-Pop versinkt...
Den Unterschied macht vor allem der Anspruch: Die EP ist ein Statement, die LP ist eine Ansage. In "…uneingestöpselt" ist vieles offen, teilweise fragmentarisch, als wolle man erstmal schauen, wie sich alles im akustischen Raum zwischen Norwegen und Münsterland anfühlt. In "The Opposite of C007" hingegen merkt man eine Band, die ihre Mittel kennt und gezielt mit ihnen umgeht und sich im Prinzip gar auf den Dancefloor wagt. Und doch bleibt der Humor, der Charme und das leicht skurrile „Herr-Wade-Universum“ bestehen – ein Maß an Verspieltheit, das nicht zur Schwäche wird, sondern zur Stärke...
Trotz dieser Fortschritte könnte man anmerken: Wenn die Produktion ausgefeilter wird, besteht die Gefahr, dass der erste rohe Reiz etwas verloren geht. Herr Wade zeigen hierfür schon sehr viel Geschick, aber die Balance zwischen Authentizität und ambitionierter Ausgestaltung sollte weiterhin gehalten werden. Wer auf brillante Indie-Pop-Miniaturen im deutschsprachigen Raum steht, die sich nicht über Gebühr auf Hochglanz verlassen, wird an beiden Veröffentlichungen seine Freude haben – und für alle, die die Entwicklung einer Band begleiten möchten, ist diese Doppelausgabe ein lohnendes Dokument...
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