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Brausis drehen auf - „Wenn Punk plötzlich groovt – und alles Sinn ergibt“: Brausepöter - Frei Von All Dem Hier [14.11.2025 || NWE Musik]


Brausepöter sind zurück – und wie! Mit ihrem neuen Album "Frei Von All Dem Hier", gerade frisch erschienen, beweisen die deutschen Punk- und New-Wave-Veteranen, dass sie auch nach fast fünf Jahrzehnten Bandgeschichte nichts von ihrer Energie, Experimentierfreude und Relevanz eingebüßt haben. Die Band, die Ende der 1970er Jahre aus der deutschen Underground-Szene hervorging, überrascht 2025 mit einem stilistisch erweiterten, teilweise Dance-orientierten Sound – und bleibt dabei trotzdem ganz sie selbst... 

Brausepöter zählen zu den, wenn nicht gar DER dienstältesten deutschen Punkband, die noch in Originalbesetzung aktiv existiert. Gegründet 1978 in der Provinz (Rietberg, NRW), gehörten sie zu den ersten Gruppen, die Punk und New Wave auf Deutsch kombinierten. Schon früh von Szene-Macher Alfred Hilsberg gefördert, spielten Brausepöter auf legendären Events der aufkommenden NDW-Bewegung, ehe sie sich 1982 frustriert über die Kommerzialisierung des Genres vorläufig verabschiedeten. Erst seit 2010 ist das Trio in Urbesetzung wieder aktiv und knüpft seither an alte Stärken an. So lobte etwa die FAZ 2019 ihr Album "Nerven Geschädigt" als Beispiel dafür, "was Punk heute heißt" – Brausepöter blieben also immer ein Geheimtipp für Kenner... 

Mit "Frei Von All Dem Hier" schreibt die Band dieses Kapitel nun eindrucksvoll fort. Der Albumtitel zitiert einen frühen Brausepöter-Song von 1979 und signalisiert programmatisch die Haltung dahinter: Die Musiker machen genau das, worauf sie Lust haben, "Trends, Moden, Erwartungen: völlig egal". Und diese künstlerische Freiheit ist hörbar: Die 12 Songs des Albums bieten einen herrlich unprätentiösen Soundverbund zwischen alt und neu. Brausepöter besinnen sich auf ihre Wurzeln in Punkrock, frühem NDW und Garagenrock, wagen aber gleichzeitig neue Wege. New-Wave-Anleihen treffen auf postpunkige "Funky Grooves" und Indie-Energie – ein unerwarteter Dance-Einschlag durchzieht das Album, der dennoch authentisch wirkt und nie anbiedernd wirkt. Bemerkenswert ist, dass die Platte trotz aller Retro-Referenzen nie nostalgisch oder altbacken klingt; im Gegenteil: Hier klingt eine gereifte Band überraschend frisch, spielfreudig und am Puls der Zeit, was ich in desem Jahr auch live schon zweimal selbst erleben durfte... 

Auch textlich bleibt sich das Trio treu. Die deutschen Lyrics pendeln zwischen avantgardistischer Skurrilität und scharf beobachteter Realität – kein Widerspruch, sondern Ausdruck ihres unverwechselbaren Stils. Schon Songtitel wie "Muschelvergiftung" oder "Tony Blair" deuten den eigenwilligen Humor und Zeitgeist an, den Brausepöter auch 2025 pflegen. Eingespielt hat die Band das Material live im Studio, um den rohen Groove und die Energie direkt einzufangen. Das Ergebnis ist – passend zum Albumtitel – ein Werk frei von Zwängen und Konventionen, dafür aber voller Charakter und Leidenschaft... 

Fazit: "Frei Von All Dem Hier" ist ein mitreißendes (und mit allem Respekt so von mir benannten) Spätwerk einer gerade zur Kultband avancierenden Gruppe. Das beweist, dass Brausepöter auch weiterhin für positive Überraschungen gut sind. Die dienstältesten Punker der - nebenbei bemerkt alles saunette Typen - klingen kein bisschen nach Abschied, sondern verbinden Vergangenheit und Heute zu einem gegenwärtigkeitsbetonten, aber auch bewegungsfördernden Album. Eine klare Hörempfehlung für Alt- und Neufans und Leute, die immer wieder spannende neue Musik erfahren möchten... 

Tracklist: Brausepöter – Frei von all dem hier (2025)
1. Muschelvergiftung
2. Kaltes Wasser
3. Treffen im November
4. Abhängig von Musik
5. St. Etienne
6. Psychokiller
7. Tony Blair
8. Eine Stimme sagt
9. Letzte Rettung
10. Desolat
11. Wie Weezer
12. Nicht noch mehr davon!




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